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Solothurner Unternehmen sollen familienfreundlicher werden

Solothurner Zeitung, Urs Moser, 2.5.2019

Gemeinsam mit der Handelskammer und dem Kita-Verein will der Kanton für junge Eltern möglichst attraktive Arbeitgeber bieten. Marlies Murbach, Regierungsrätin Brigit Wyss, Andreas Gasche und Daniel Probst (v.l.) unterzeichnen die Absichtserklärung zur gemeinsamen Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. © Hanspeter Bärtschi

Der Kanton Solothurn verstärkt gemeinsam mit Gewerbe und Wirtschaft die Bemühungen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Auf einer Online-Plattform können Unternehmen ihre besonderen Angebote auflisten.

 

Die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern ist Teil der kantonalen Standortstrategie und des Legislaturplans er Regierung. Zu diesem Zweck ruft die Wirtschaftsförderung zusammen mit der Handelskammer, dem Gewerbeverband und dem Verein Kindertagesstätten die «Aktion familienfreundliche Arbeitgeber» ins Leben. Die Unternehmen sollen (noch stärker) für das Thema sensibilisiert und motiviert werden, ihren Angestellten etwa Unterstützung bei der familienexternen Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeitmodelle anzubieten.

 

Ein familienfreundliches Arbeitsumfeld helfe den Fachkräftemangel abzufedern und die Wirtschaft profitiere von zufriedenen, motivierten Mitarbeitern, sagte Volkswirtschaftsdirektorin Brigit Wyss anlässlich der Präsentation der Aktion, die am Donnerstag mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung der involvierten Partner lanciert wurde. «Die breit abgestützte Trägerschaft mit einer Vertretung der Wirtschaftsverbände sorgt dafür, dass die Aktion familienfreundliche Arbeitgeber bedürfnisorientiert und unternehmensfreundlich ausgestaltet wird», heisst es darin.

Sie sei überzeugt, dass vom international tätigen Konzern bis zum kleinsten Gewerbebetrieb jedes Unternehmen Massnahmen für eine bessre Vereinbarkeit von Familie und Beruf umsetzen kann, meint Sarah Koch, Leiterin der Wirtschaftsförderung. Eine Meinung, die Andreas Gasche, Geschäftsführer des Gewerbeverbands teilt. Auch im Gewerbe herrsche akuter Fachkräftemangel. Es sei wichtig, den Betrieben keine Zwangslösungen zu verordnen, sie aber zu familienfreundlichen Modellen zu animieren, damit insbesondere auch Frauen dem Gewerbe als Fachkräfte erhalten bleiben, die erfreulicherweise zunehmend handwerkliche Berufe ergreifen.

 

Plattform für Unternehmen

Genau das ist das Ziel der Aktion. Ihr Herzstück ist die Online-Plattform ffag.so.ch. Dort finden Arbeitgeber einerseits Informationen, Tipps und «Good Practice»-Beispiele zu den Möglichkeiten, die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben zu fördern. Anderseits können sich Unternehmen auf der Plattform präsentieren und darstellen, welche Massnahmen bei ihnen umgesetzt sind. So sollen sowohl der Austausch zum Thema gefördert wie den Unternehmen eine Plattform geboten werden, sich mit seinen familienfreundlichen Arbeitsmodellen dem Arbeitsmarkt zu präsentieren. «Die geeigneten Fackkräfte zu finden und zu halten gehört heute zu den grössten Herausforderungen für die Unternehmen. Wer sich als familienfreundlicher Arbeitgeber positionieren kann, hat einen Vorteil im Rekrutierungswettbewerb», sagt dazu Daniel Probst, der Direktor der Solothurner Handelskammer. Von einer «sehr wertvollen Aktion» spricht auch Marlies Murbach, die Präsidentin des Vereins Kindertagesstätten Kanton Solothurn.

 

Zu den Unternehmen, die bereits auf der Online-Plattform präsent sind, gehört Stahl Gerlafingen, in deren Räumlichkeiten die Aktion präsentiert wurde. Ein Stahlwerk stellt man sich vielleicht nicht gerade als typischen Ort für die Förderung familienverträglicher Arbeitsmodelle vor. Aber man gehöre ja zum Familienkonzern Beltrame und es sei schliesslich allgemein bekannt, dass die Familie bei den Italienern einen besonders hohen Stellenwert hat, sagt Country Manager René Bollier scherzhaft. Aber es ist ihm durchaus auch ernst. Stahl Gerlafingen bietet zum Beispiel eine Verlängerung des gesetzlich vorgeschriebenen Mutterschaftsurlaubs um 10 Tage und die Möglichkeit, den Mutterschaftsurlaub weiter unbezahlt zu verlängern sowie eine Verlängerung des gesetzlich vorgeschriebenen bezahlten Vaterschaftsurlaubs um 5 Tage. Naturgemäss nicht die Stahlarbeiter, aber Büropersonal kann auch im Home Office arbeiten. Was hingegen die Arbeiter an der Stahlfront durchaus schätzen würden, sei der Vierschichtbetrieb, so Bollier. Mitarbeitende in Schichtarbeit würden von einer hohen Work-Life-Balance sprechen, Freizeit tagsüber könne von jungen Vätern als Familienzeit genutzt werden, Doppelverdiener-Paare könnten dabei auch Kita-Kosten sparen.

 

Die Umsetzung der Online-Plattform obliegt der kantonalen Wirtschaftsförderung und der Handelskammer. Zu der Aktion gehört auch ein Beratungsangebot der Fachstelle UND für Solothurner Unternehmen zu günstigen Konditionen. Die in Zürich domizilierte Fachstelle UND gilt als führendes Kompetenzzentrum für die Umsetzung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie bietet im Rahmen der «Aktion familienfreundliche Arbeitgeber» unternehmensspezifische Beratungen von Geschäftsleitungen und Leitung Personalabteilungen allgemein zum Thema oder zu spezifischen Aspekten unter Berücksichtigung der Ausgangslage des jeweiligen Unternehmens an.

 


Beispiele für familienfreundliche Massnahmen

 

Unterstützung bei der Kinderbetreuung

Eine gesicherte Kinderbetreuung ist in vielen Fällen Voraussetzung dafür, dass beide Elternteile die Erwerbstätigkeit fortführen oder wiederaufnehmen können. Oder sie macht eine Erhöhung des Pensums möglich.

z.B. Betreuungsbeiträge, Betreuungsangebot, Unterstützung bei der Suche nach Betreuungsplätzen

 

Flexible Arbeitsmodelle

Flexible Arbeitsmodelle sind eine Grundvoraussetzung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ganz unabhängig vom Erwerbspensum. Eine gewisse Selbstbestimmung bei den Arbeitszeiten hilft den Beschäftigten, Erwerb und Familie besser organisieren zu können.

z.B. Gleitzeit, Jahresarbeitszeit, Teilzeit, Job-Sharing, Kurzabwesenheiten

 

Familienbezogener Urlaub

Mit der Geburt eines Kindes beginnt ein neuer Lebensabschnitt mit anderem Rhythmus und neuen Prioritäten, vor allem auch mit zeitintensiven Betreuungspflichten. Die Betreuung kann in der ersten Zeit über verschiedene Formen von Urlaub sichergestellt werden.

z.B. Verlängerungsmöglichkeit von Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub, Elternurlaub, Unterstützung beim Wiedereinstieg

 

Flexibler Arbeitsort

Zwar sind die Möglichkeiten für Arbeit an einem anderen Ort von Branche zu Branche sehr unterschiedlich. Generell hat sich die Flexibilität des Arbeitsortes aber als eine geeignete Massnahme für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie etabliert.

z.B. Home-Office, Erwerbsarbeit von unterwegs, Optimierung der Arbeitswege

 

Betriebsklima und Personalentwicklung

Was einen Betrieb mindestens so prägt wie die Arbeitsinhalte und -abläufe, die Strukturen und Reglemente, ist das Betriebsklima. Idealerweise ist die Offenheit gegenüber familiären Anliegen ein selbstverständlicher Teil des Betriebsalltags. Dazu tragen die Punkte bei, die im Folgenden ausgeführt sind.

z.B. Berücksichtigung familiärer Verpflichtungen, Vertrauensbasis, offene Kommunikation