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«Die Standortstrategie bereinigen»

Im Interview

KGV I SO MAGAZIN I 11-2018  I  Interview: Josef Roos, Foto: Bernhard Strahm


Seit 14 Monaten ist Regierungsrätin Brigit Wyss Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements. Sie möchte bis Ende Jahr die Standortstrategie bereinigen und nach dem klaren Volksentscheid die nächsten Schritte in der Energiepolitik neu definieren. Wichtig ist für die neue Regierungsrätin auch die Aufgaben- und Finanzentflechtung von Kanton und Gemeinden.

 

Sie sind inzwischen 14 Monate Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements. Konnten Sie sich wunschgemäss in diesen Gemischtwarenladen – wie Sie es bezeichneten – einarbeiten?

Die Bezeichnung «Gemischtwarenladen» ist nicht von mir. Gerne benutze ich diese Bezeichnung aber im positiven Sinn, um die Vielfältigkeit des Volkswirtschaftsdepartementes zu betonen. Die Einarbeitungszeit war und ist nach wie vor spannend und erwartungsgemäss intensiv. Dank professioneller Vorbereitung konnte ich mir aber in kurzer Zeit einen guten Überblick über aktuelle und geplante Projekte verschaffen.

 

Wo stehen Sie heute? Und gefällt Ihnen Ihre Aufgabe? Welche wichtigen Projekte stehen in der nächsten Zeit an?

Der Alltag hat zwar Einzug gehalten, und doch kommt jeden Tag wieder Neues dazu; das gefällt mir sehr. Auch freue ich mich über den Austausch mit interessierten und engagierten Menschen und finde es spannend, gemeinsam nach tragfähigen Lösungen zu suchen. Aktuell sind wir dabei, verschiedene Gesetzesrevisionen zu prüfen bzw. vorzubereiten (Waldgesetz, Neugestaltung Finanzausgleich Kirchgemeinden, Wirtschafts- und Arbeitsgesetz, Bevölkerungsschutz, usw.). Bis EndeJahr möchten wir ausserdem die Standortstrategie 2030 bereinigt haben. Und in der Energiepolitik sollen nun nach dem klaren Votum der Solothurner Stimmbevölkerung die nächsten Schritte definiert werden. Ein weiteres, zentrales Projekt ist die Aufgaben- und Finanzentflechtung zwischen dem Kanton und den Gemeinden, welches wir noch diesen Herbst starten werden.

 

Gibt es für Sie in einem kollegialen Gremium genügend Handlungsspielraum, die eigenen Ideen einzubringen?

Eine gute, zielführende Diskussion ist nur möglich, wenn verschiedene Ideen eingebracht werden können. In der departementsinternen Vorbereitung und in den anschliessenden Diskussionen gibt es immer wieder Raum für eigene Ideen.

 

Zusammen mit der SP-Frau Susanne Schaffner wurden eine linke und eine grüne Frau in die Regierung gewählt. Sie sagten damals, man werde später merken, dass zwei linke Frauen in der Regierung sassen. Was wird mit Ihnen Beiden anders?
Was können wir von Ihnen erwarten?

Jedes Mitglied des Regierungsrates bringt seine ganz spezifischen Erfahrungen mit, welche prä- gend sind für seine politische Arbeit. Es ist daher sicher kein Zufall, dass sowohl für Susanne Schaffner als auch für mich zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die Lohngleichheit wichtige Themen sind. Ich setze mich dafür ein, dass der Kanton Solothurn auch in diesen Bereichen weiterkommt.

 

Ganz allgemein gefragt: Wie würden Sie einem Gast aus der Ostschweiz die Stärken und Schönheiten des Kantons Solothurn beschreiben?

Der Kanton Solothurn ist ein kulturell vielfältiger, wirtschaftlich interessanter und landschaftlich wunderschöner Kanton. Als bestens erschlossener Brückenkanton mit viel Charme bietet der Kanton seiner Bevölkerung eine hohe Lebensqualität mit viel Kultur, guten Bildungsangeboten, vielfältigen Sport- und Freizeitmöglichkeiten in intakten Naherholungsgebieten. Als exportorientierter Wirtschaftsstandort setzt der Kanton Solothurn auf Präzision und Innovation und verfügt über entsprechend spannende, zukunftsorientierte Arbeitsplätze.

 

Ende 2018 solle eine Standortstrategie für den Kanton Solothurn verabschiedet werden. Wohin geht der Weg? Welches sind die Hauptumsetzungspunkte?

Wir haben dazu sieben Handlungsfelder definiert mit Leitsätzen und Stossrichtungen. Ganz grundsätzlich möchten wir den Kanton Solothurn breiter positionieren. Es soll ein attraktiver Kanton zum Leben und zum Investieren sein. In diesem Sinne soll der Kanton Solothurn weiterentwickelt werden zu einem wettbewerbsfähigeren Wirtschaftsstandort und gleichzeitig zu einem Wohnstandort mit einer guten Lebensqualität.

 

Was wird diese Standortstrategie den Firmen und Menschen im Kanton Solothurn bringen?

Die gesetzlichen Grundlagen der Wirtschaftsförderung sind weit gefasst. Der Regierungsrat hat deshalb bereits in seinem Legislaturplan 20172021 die Stärkung der Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit als politischen Schwerpunkt der kantonalen Wirtschaftsförderung definiert. Die Standortstrategie 2030 ist nun eine weitere Konkretisierung dieses Ziels und soll der kantonalen Wirt- schaftsförderung inskünftig als Leitplanke dienen. Mit der Standortstrategie 2030 wollen wir den Kanton Solothurn optimal auf die sich laufend verändernden nationalen und internationalen Entwicklungen ausrichten und klarer positionieren im Interesse der Wirtschaft und der Bevölkerung.

 

Wie schaffen Sie es, die verschiedenen Anliegen und Bedürfnisse aller Unternehmen von KMU bis Grossindustrie gleichermassen zu berücksichtigen?

Wir haben ein Grundverständnis: Jedes Unternehmen ist wichtig für den Standort Kanton Solothurn. Entsprechend ist es für uns selbstverständlich, dass wir auf die unterschiedlichen Bedürfnisse sowohl der Grossindustrie wie auch der KMU eingehen.

 

Die Entflechtung der Aufgaben und der Finanzie- rung zwischen Gemeinden und Kanton ist auch eine wichtige Aufgabe, an der Sie gerade arbeiten. Wo stehen Sie hier?

Wir werden dieses Projekt diesen Herbst starten und damit beginnen, die Aufgaben- und Lastenverschiebungen zwischen Kanton und Gemeinden rückwirkend bis zum Jahr 2010 aufzuarbeiten. Das ist eine grosse, wichtige Aufgabe, damit wir anschliessend eine einheitliche und klare Diskussionsgrundlage haben.

 

Was können die Gemeinden diesbezüglich von Ihnen erwarten?

Sowohl die Gemeinden als auch der Kanton haben ein grosses Interesse an diesem unbestritten anspruchsvollen Projekt. Das ist eine gute Ausgangslage für einen gleichberechtigten, offenen Dialog über die unterschiedlichen Zusammenhänge von Aufgaben- und Lastenverschiebungen zwischen dem Kanton und den Gemeinden.

 

Sie haben sich für das Energiegesetz stark gemacht. Weshalb fiel es beim Volk durch?

Die von der gfs.bern durchgeführte Nachanalyse hat mich darin bestätigt, dass die Mehrheit der Solothurnerinnen und Solothurner mehr Energieeffizienz und mehr erneuerbare Energien will. Dafür braucht es aber ganz offensichtlich mehr Anreize und Zielvorgaben statt strikte Vorschriften und Verbote, wie sie im Energiegesetz teilweise vorgesehen waren.

 

Wie muss die Steuervorlage 17 auf nationaler und kantonaler Ebene ausgestaltet werden, damit Arbeitsplätze und Steuersubstrat im Kanton Solothurn erhalten werden können und das Volk am Schluss den Vorlagen zustimmt?

Auf nationaler Ebene hat das Parlament die Steuervorlage 17 mit der AHV-Sanierung verknüpft um sie mehrheitsfähig zu machen. Auf kantonaler Ebene hat eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und dem Verband der Einwohnergemeinden ebenfalls einen Kompromiss ausgearbeitet um die kantonale Umsetzung der SV 17 mehrheitsfähig zu machen. Diese Bemühungen zeigen, wie zentral wichtig diese Vorlagen für die Schweiz, für den Kanton Solothurn sind. Es braucht deshalb eine breite, solide Auseinandersetzung. Zustimmen wird die Bevölkerung erst, wenn sie die Chancen und Risiken umfassend abwägen kann.

 

Was wollen Sie am Ende der Legislatur für Ziele erreicht haben?

Ich möchte die erwähnten Projekte vorantreiben und soweit möglich auch abschliessen können. Aber am Ende der Legislatur will ich auf jeden Fall sagen können, dass wir gut gearbeitet und eine Diskussionskultur etabliert haben, auf der wir aufbauen können.

 

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?

Unsere Entwicklung nachhaltiger zu gestalten, indem ökonomische, ökologische und soziale Ziele gleichzeitig und gleichberechtigt umgesetzt werden.

 

Was ist noch zu tun?

Viel. Machen wir uns an die Arbeit.