von Urs Mathys - Solothurner Zeitung
Der wachsende Einsatz erneuerbarer Energien soll bis zum Jahr 2050 zum Ziel «Netto-Null-Emissionen» führen. © Valentin Flauraud / KEYSTONE
Der Regierungsrat will das kantonale Energiekonzept aus dem Jahre 2014 überarbeiten und dabei die künftig vom Bund festgelegte Regelung im Gebäudebereich übernehmen. Er setzt dabei auf «pragmatische Sofortmassnahmen».
Der Berg hat zwar nicht gerade nur eine Maus geboren – doch ein grosser, mutiger Wurf ist es jedenfalls auch nicht, was der Regierungsrat in Sachen künftiger kantonaler CO2- und Energiepolitik beschlossen hat. Konkret wird auf einen neuen Anlauf zu einem revidierten kantonalen Energiegesetz verzichtet, nachdem eine entsprechende Vorlage im Sommer 2018 vom Volk klar abgelehnt worden ist. Nichtsdestotrotz zeigt sich die Regierung «überzeugt, dass mit diesem Vorgehen ein wichtiger Schritt für den dringend nötigen Klimaschutz getan wird».
Mit dem Regierungsbeschluss von Dienstag bestätigt sich, was sich bereits nach Abschluss eines Stakeholder-Prozesses Ende Februar abgezeichnet hatte: Als kleinster gemeinsamer Nenner hatte sich im Schlussbericht der Meinungsmacher-Runden die Devise «Abwarten» herauskristallisiert. Konkret das Warten auf die eidgenössische Ebene.
Massnahmenpaket nur im Notfall
Dabei will die Regierung in Sachen CO2-Politik «die künftig vom Bund festgelegte Regelung im Gebäudebereich übernehmen», wie es in einer Mitteilung der Staatskanzlei heisst. Der Bund werde im
Gebäudebereich die stufenweise Reduktion der maximal zulässigen CO2-Emissionen beim Heizungsersatz regeln, hält der Regierungsrat nun auch fest. Diese Vorgaben werde man übernehmen. Ein eigenes
kantonales Massnahmenpaket wäre einzig dann in Betracht zu ziehen, wenn die CO2-Gesetzgebung des Bundes wegen eines Referendums nicht umgesetzt werden könnten.
Weiter will die Regierung das kantonale Energiekonzept von 2014 überarbeiten und gleichzeitig flankierende Massnahmen für den Gebäudebereich prüfen. Auch hier ginge es darum, sich allenfalls aus der neuen Bundesgesetzgebung ergebende neue Förderungsmöglichkeiten kantonal umzusetzen. So kann heute nichts gefördert werden, das gesetzlich vorgeschrieben ist. Prüfen will die Regierung unter anderem, ob aus nötigen Sanierungen resultierende Härtefälle etwa für Senioren, die dafür von den Banken keine Kredite erhalten, abgefedert werden könnten.
Nach den Plänen des Regierungsrates sollen Sofortmassnahmen, die ohne Gesetzesänderungen möglich sind, rasch angegangen werden. Dazu wird zum Beispiel die Erhöhung der Förderbeiträge gezählt, «die bereits in Umsetzung» sei. Oder die «Abklärung, wie Gebäude und Feuerungskontrolldaten für die Energieplanungen der Gemeinden genutzt» oder Hauseigentümer rechtzeitig und individuell im Hinblick auf einen Heizungsersatz angeschrieben werden können.
Schliesslich ist von der «Überprüfung steuerlicher Fehlanreize» die Rede, aber auch von der Vereinfachung der Baubewilligungen und von «Abklärungen, wie finanzschwachen Gebäudeeigentümern die Finanzierung von Gebäudesanierungen erleichtert werden könnte». Dabei solle die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion beibehalten und wo nötig weiterentwickeln».
Für Brigit Wyss ein «solider Schritt»
Volkswirtschaftsdirektorin Brigit Wyss (Grüne) spricht auf Anfrage von einem «soliden Schritt in die Zukunft». Der Bund werde relativ strenge Regelungen erlassen, die ab 2023 für den Kanton
Solothurn gelten würden. Der Kanton sei entschlossen, die zusätzlichen Fördergelder des Bundes vollumfänglich einzusetzen. Der massive Anstieg von Gesuchen für Heizungssanierungen zeige, so Wyss,
dass im Nachgang zu den Klimadiskussionen in der Bevölkerung «viel in Bewegung gekommen ist». Der konstruktive Dialog mit allen Stakeholdern stimme sie zudem zuversichtlich für die Überarbeitung
des Energiekonzeptes, denn das Klimaziel sei und bleibe «Netto Null bis zum Jahr 2050».
Vorgespurt in einem Stakeholderprozess
Im Juni 2018 ist die Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes in der Volksabstimmung deutlich – mit mehr als 70 Prozent der Stimmen – abgelehnt worden. Die Vorlage, die noch unter Federführung von FDP-Volkswirtschaftsdirektorin Esther Gassler erarbeitet worden war, scheiterte am geschlossenen Widerstand von FDP, SVP, Hauseigentümer- und Wirtschaftsverbänden, denen die Vorlage als zu dirigistisch erschien.
Gasslers Nachfolgerin, Regierungsrätin Brigit Wyss (Grüne) rief in der Folge die verschiedenen Meinungsmacher zum «Runden Tisch». Dabei waren Vertreter der Energieanbieter, der Verbände von Hauseigentümern, Einwohnergemeinden, Gewerbe, Industrie und weiterer einschlägiger Interessengruppen. Ihr Auftrag: Entscheidungsgrundlagen für die künftige Energiepolitik des Kantons zu erarbeiten. Auf diesen Bericht stützt sich die Regierung nun bei ihren Entscheiden. (ums.)