«Wenn wir weiterhin im jetzigen Tempo Gebäude sanieren, dauert es 100 Jahre»: Brigit Wyss fordert am Energiedialog mehr Tempo
Solothurner Zeitung, Christina Varveris 27.10.2022
Die Teilnehmenden des Podiums, v.l: André Müller von der Firma ecoplan; Markus Spielmann, Präsident Hauseigentümerverband; Brigit Wyss, Regierungsrätin; Stefan Müller-Altermatt, Nationalrat Die Mitte; Christoph Schär, Direktor von Suissetec; Moderatorin Karin Heimann. (Bild: Pascal Leibundgut)
Prominenter Aufmarsch am Energiedialog im Alten Spital in Solothurn am Mittwochabend. Nicht nur Regierungsrätin Brigit Wyss, Nationalrat Stefan Müller-Altermatt und Markus Spielmann, Präsident des Hauseigentümerverbandes, liessen das Feierabendbier an diesem schönen Spätsommerabend ausfallen, um über die Energiekrise zu sprechen.
Sondern auch Christoph Schär, Direktor von Suissetec und André Müller von der Firma ecoplan und Mitverfasser des kantonalen Energiekonzepts. Sie alle folgten der Einladung der Solothurner Delegation von «Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz», um unter anderem darüber zu diskutieren, wieso es keine Solarpanels mehr zu kaufen gibt.
Pfeile in Richtung Hauseigentümer
«Weil der Hauseigentümerverband es verpasst hat, frühzeitig seine Mitglieder zu informieren, dass man auf Fotovoltaik umsteigen sollte», schoss Christoph Schär Pfeile Richtung Markus Spielmann. Der liess dies nicht auf sich sitzen und versprach, Christoph Schär die Mitgliederzeitungen des Hauseigentümerverbandes der letzten Jahre zuzuschicken, damit er sehe, dass sehr wohl informiert worden sei.
«Wir haben es ja gesagt.» Nationalrat Stefan Müller-Altermatt versuchte – «wider meines Naturells», wie er betonte – ein bisschen zu provozieren und zeigte ein paar Folien mit Abstimmungsparolen vom 2017. «Geld bleibt hier», warben diese bereits vor fünf Jahren für die Nutzung inländischer Energie.
Das Problem des drohenden Strommangels sei nicht Putin, sagte der Nationalrat, sondern die Aussenpolitik. «Wir sind vom europäischen Binnenmarkt ausgeschlossen», so Müller-Altermatt. Die Schweiz sei abhängig von den alten Atomkraftwerken in Frankreich und abhängig davon, wie gut die Deutschen Gasstrom produzieren. Zudem abhängig von der EU, die Stromautobahnen um die Schweiz herumbaue und die Schweiz aussen vorlassen könnte. Der Nationalrat plädierte für ein Rahmenabkommen mit der EU als Basis für ein Stromabkommen, um so langfristig die Stromversorgung sicherzustellen.
Fokus liegt auf den Gebäuden
Auf Kantonsebene liegt der Fokus auf den Gebäuden. 43'000 Heizungen im Kanton Solothurn brauchen noch Öl oder Gas, 30'000 sollten bis 2040 aufgrund des endenden Lebenszyklus sowieso ersetzt werden, so Markus Spielmann in seinem Referat. Damit der ganze Wechsel beschleunigt werden kann, wünscht sich André Müller von ecoplan einen Advokaten, der sich ausschliesslich für den Netto-Null-Plan einsetzt und die Gemeinden bei den Sanierungsprozessen unterstützen kann.
Es tut sich was im Kanton, darüber waren sich alle einig. Aber nicht nur darüber, «wie» man die Ziele erreichen will, scheiden sich die Geister. Auch über das «wie schnell» gibt es unterschiedliche Auffassungen. «Wenn wir weiterhin im jetzigen Tempo Gebäude sanieren, dauert es 100 Jahre, bis alle saniert sind», sagte Brigit Wyss. Wieder ein Pfeil gegen Markus Spielmann, der bei seinem Referat konterte.
«Es sind so viele Gesuche hängig wie noch nie beim Kanton und gleichzeitig heisst es, wir seien zu langsam», schoss er zurück.
Die Bürokratie, da war er sich auch mit Christoph Schär einig, sei zeitaufwendig und mühsam. Es dauere, bis man eine Heizung sanieren oder auswechseln könne. «Will man die erneuerbaren Energien nachhaltig fördern, sollte das Ausfüllen der notwendigen Formulare nicht mehr Zeit beanspruchen als die Installation der Anlage», so Christoph Schär.