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Finanzausgleich

Das neue Solothurner System bewährt sich, eine etwas geringere Belastung der Gebergemeinden wäre denkbar

Solothurner Zeitung, Urs Moser, 24.03.2023

Zullwil im Schwarzbubenland ist die Gemeinde mit der tiefsten Steuerkraft und damit dringend auf den Ressourcenausgleich angewiesen (Bild: Nicole Nars-Zimmer).

2016 wurde der Finanz- und Lastenausgleich unter den Solothurner Gemeinden neu organisiert. Alle vier Jahre ist dem Kanton ein sogenannter Wirksamkeitsbericht vorzulegen, der aufzeigt, ob das System die gewünschte Wirkung erzielt. Der Finanz- und Lastenausgleich soll die kommunale Finanzautonomie stärken, die Unterschiede in der finanzeilen Leistungsfähigkeit und in der Steuerbelastung zwischen den Gemeinden verringern und den Gemeinden eine minimale Ausstattung mit finanziellen Ressourcen sichern.

 

Am Freitag präsentierte Frau Landammann und Volkswirtschaftsdirektorin Brigit Wyss den zweiten Wirksamkeitsbericht zusammen mit Thomas Steiner vom Amt für Gemeinden. Fazit: Das System funktioniert, sehr gut sogar, wie die Autoren vom Basler Büro BSS dem Kanton Solothurn attestieren.

Kernaussagen: Die finanzielle Lage der Gemeinden ist insgesamt gut, die Zahl der Gebergemeinden im Ressourcenausgleich ist gestiegen, die Zahl der Gemeinden mit extrem hohen Steuerfüssen nimmt ab. Dass der Regierungsrat das Ergebnis «erfreut zur Kenntnis nimmt», versteht sich.

Zullwil im Schwarzbubenland ist die Gemeinde mit der tiefsten Steuerkraft und damit dringend auf den Ressourcenausgleich angewiesen.

 

Der Finanz- und Lastenausgleich steht auf mehreren Beinen

1
Von den Gemeinden selber getragen ist «nur» der Ressourcen- oder Disparitätenausgleich, den Rest leistet der Kanton. Dieser Ausgleich basiert auf der Steuerkraft, dem Staatsteueraufkommen pro Kopf. Wo es über dem Durchschnitt liegt, ist eine Abgabe in den Ausgleichstopf fällig (37 Prozent der über dem Durchschnitt liegenden Steuerkraft). Gemeinden mit unterdurchschnittlichem Staatssteueraufkommen erhalten Beiträge.
2

Der Kanton garantiert dabei eine Mindestausstattung: Wo auch mit den Beiträgen der Gebergemeinden weniger als 91 Prozent der durchschnittlichen Steuerkraft erreicht werden, schiebt er Beiträge nach.
3

Der geografisch-topografische Lastenausgleich begünstigt vor allem ländliche Gemeinden, er stellt auf die Gemeindefläche und die zu unterhaltende Strassenlänge pro Kopf ab.
4

Der soziodemografische Lastenausgleich basiert auf dem Ausländeranteil und der Ergänzungsleistungsquote in einer Gemeinde und begünstigt damit vor allem die urbaneren Gemeinden.

5

Neu wurde schliesslich die Abfederung der Steuerausfälle aus der Unternehmenssteuerreform mit dem sogenannten arbeitsmarktlichen Ausgleich in das System integriert (befristet bis 2027).

 

Insgesamt werden rund 74 Millionen umverteilt, netto zahlen 24 Gemeinden eine Abgabe, 85 erhalten einen Beitrag.

 

Gebergemeinden mucken immer wieder auf

Im politischen Fokus steht vor allem der Disparitätenausgleich, für den der Kantonsrat jährlich die Steuerungsgrössen festzulegen hat. Nach dem ersten Wirksamkeitsbericht wurde die Abschöpfungsquote von 40 auf 37 Prozent, die Mindestausstattung von 92 auf 91 Prozent gesenkt.

Von den besonders ressourcenstarken Gemeinden werden immer wieder Klagen laut: Ihre Solidarität werde überstrapaziert (Feldbrunnen liefert 31 Prozent seiner gesamten Steuereinnehmen in den Finanzausgleichstopf ab). Und die Bandbreite zwischen höchstem und tiefstem Steuerfuss reduziere sich wenn überhaupt, weil sie zu Steuererhöhungen gezwungen seien oder die Steuern zumindest nicht weiter senken könnten.

Der neue Wirksamkeitsbericht hält fest, dass es tatsächlich möglich wäre, Abschöpfungsquote und Mindestausstattung noch etwas weiter zu senken, aber kein zwingender Anpassungsbedarf bestehe. Was nun? Man nehme das so zur Kenntnis, hiess es am Freitag bloss. Auf Nachfrage sagt Regierungsrätin Brigit Wyss: «Wir nehmen den Standpunkt der Gebergemeinden sicher sehr ernst.» Sie könne sich vorstellen, dass der Regierungsrat dem Parlament verschiedene Varianten für die Steuerungsgrössen vorlegt.

 

Mehr abgefedert als nötig gewesen wäre

Mit dem Wirksamkeitsbericht legt der Regierungsrat auch eine erste Auswertung zur Unternehmenssteuerreform und einen Bericht zur Entwicklung der kommunalen Kosten in den besonders ins Gewicht fallenden Bereichen Bildung und Soziales vor.

Zur Unternehmenssteuerreform: Die Zahlen sind nach erst zwei Jahren noch mit Vorsicht zu geniessen, Tatsache ist aber: Die Ausfälle fielen bislang kleiner aus als erwartet, über alle Gemeinden gesehen wurden mehr Mittel zur Abfederung der Ausfälle ausbezahlt als rechnerisch eigentlich nötig gewesen wären.

Zu den Sozial- und Bildungskosten: Im Sozialbereich haben die Verschiebungen von Zuständigkeiten/Finanzierung zwischen Kanton und Gemeinden unter dem Strich bislang zu keiner signifikanten Mehrbelastung der Gemeinden geführt. Im Bildungswesen wird die anvisierte Kostendeckung mit den Schülerpauschalen und dem Kantonsanteil daran ziemlich zielgenau erreicht.

Eher schlechte Karten für die Gemeinden, nun auch noch auch eine Abfederung der Steuerausfälle aus dem Gegenvorschlag zur «Jetz si mir draa-Initiative» zu erhalten. Eine solche war ihnen vor der Abstimmung letzten Mai wenn nicht versprochen, so doch deutlich in Aussicht gestellt worden. Heute sagt Frau Landammann Wyss, die tatsächlichen Ausfälle seien abzuwarten: «Im Moment drängt sich eine Diskussion nicht auf, die Grundlagen dazu fehlen.»